- 14. Januar 2025
- Tradition & Innovation
- Christian Steiger
Die Gebrauchten von heute sind die Sammlerstücke von morgen. Dafür braucht es weder Luxus noch Leistung – und selbst eine massenhafte Verbreitung steht der Karriere als Klassiker nicht im Weg. Der Renault Twingo beweist es, seine Preise steigen schon. Doch es ist nicht alleine der Zustand, der die Sammler interessiert: Ein möglichst frühes Exemplar muss es sein. Und auch die Farbe muss stimmen.
Rendite auf Rädern
Der Marktwert des Twingo sinkt nicht mehr, sondern zieht spürbar an. So hat es vor Jahren auch mal beim 2 CV von Citroën begonnen, beim Fiat 500, dem Renault 4 und den späten Käfern, die heute längst teuer geworden sind. Das Fachmagazin „Motor Klassik“ erklärte den Twingo im vergangenen Jahr sogar zum „Renditestar der Klassikerszene“, weil sich der Preis guter Exemplare innerhalb eines Jahres von 1200 auf 3500 Euro verdreifacht hat. Okay, viel Geld ist das immer noch nicht, was den Einstieg nach wie vor reizvoll macht. Liebhaber fahnden schon nach den besten Stücken.
Das Erfolgsrezept: niedlich, aber nützlich
Auf den ersten Blick ist der Twingo-Boom erstaunlich, weil der kulleräugige Kleine noch immer zum Straßenbild gehört. Fast 2,5 Millionen Exemplare hat Renault von 1993 bis 2007 ins Flins-sur-Seine bei Paris gebaut, jeder fünfte davon ging nach Deutschland. Ein Riesenerfolg, den der Twingo nicht nur der Niedlichkeit seines Designs verdankte, sondern auch dem variablen Innenraum mit seiner verschieb- und verstellbaren Rückbank. Durch die Sitzposition hinter der großen Frontscheibe wähnte man sich hinter dem Steuer des 3,43-Meter-Minis wie ein Lokführer im ICE. An späten Exemplaren fehlt es im heutigen Angebot der großen Online-Börsen nicht, „doch wenn ich einen frühen Twingo suche, dann finde ich keinen mehr. Die sind alle weg“, sagt Jens Seltrecht aus Hamburg, der in seiner „Garage 11“ mit Klassikern handelt und zu den Gründern des Youngtimer-Podcasts „Future Classics“ gehört. Doch nur die raren Ur-Twingo sind es, die Sammler im Moment interessieren.
Es geht vor allem um die Farbe
„Er braucht eine richtige Farbe und die mintgrünen Akzente des frühen Innenraums“, bestätigt Twingo-Liebhaber Lukas Hambrecht. Tatsächlich sind es neben dem niedlichen Scheinwerferblick und dem typischen Steilheck auch die poppigen Lacktöne wie Indischgelb, Ozeanblau, Korallenrot oder Schilfgrün, die den Ur-Twingo bis heute von ihren Wettbewerbern abheben. Die eher gedeckten Metallictöne Amethyst, Schwarz und Perlmuttrot sind dagegen nicht allzu gefragt – wohl aber das frühe Cockpit, das Fans wie Jens Seltrecht schon beim Neuwagen der Neunziger entzückte. „Mintgrüne Innenraum-Applikationen und frühes Lenkrad ohne Airbag, das ist der wahre Twingo“, schwärmt er. Der 55-PS-Motor liefert dazu einen beruhigenden Soundtrack.
Die Frage nach dem Airbag
Das Airbag-Lenkrad, dessen unförmiges Design die heutigen Puristen ablehnen, kam schon im Herbst 1994 ins Spiel. Zwei Jahre später löste ein neuer Motor mit obenliegender Nockenwelle das alte Aggregat mit der Stoßstangen-Steuerung ab, das noch auf den seligen R5 der siebziger Jahre zurück ging. Und das Einheitsgrau des modernisierten Cockpits, das zur ersten großen Modellpflege von 1998 gehört, mögen die Fans von heute ebenso wenig wie die lackierten Stoßstangen, die den Twingo damals aufwerten sollten.
Bunte Bezüge kommen in Mode
Ausgesprochen gesucht ist dagegen das große Faltdach, das 1993 neben der Metalliclackierung, dem Radio und der Klimaanlage zu den einzigen Extras gehörte, die sich für den stilbildenden Kleinwagen bestellen ließen. Und natürlich fahren die Twingo-Enthusiasten auf Sondermodelle wie etwa die Ausstattung von Benetton oder Kenzo ab, deren individuell gestylte Polster den Kleinwagen endgültig zum Designerstück machen. Der Benetton trägt bunte, großkarierte Sitzbezüge, während der Kenzo mit blauem Velours und Metalliclack auf mondän macht. Noch etwas exklusiver kommt der Twingo Initiale daher, mit Klimaanlage, elektrischen Fensterhebern, optionalem Navigationssystem und Lederpolstern in Beige oder Blau. Luxus im Kleinen.
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