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Ingenieurbüro für Fahrzeugtechnik, Dipl-Ing (FH) Sebastian Jirschik und Dipl-Ing. (FH) Tom Kunath

GTÜ Hauptuntersuchung, Gutachten für Oldtimer und Kfz in Flöha und Umgebung

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GTÜ Classic erinnert an den Volvo P1800.

(Fotos: Volvo)

Die Experten der zentralen Klassikabteilung der GTÜ in Stuttgart und vor Ort besitzen die notwendige Expertise für Klassiker aller Art. Sie greifen auf fundiertes Wissen und eine umfangreiche, qualifizierte Datenbank zurück. In loser Folge veröffentlicht das Magazin KRAFTHAND exklusive Einblicke ins Archiv der Sachverständigenorganisation. Diesmal geht es um den Volvo P 1800.

Roger Moore verliebt sich in seinen Filmpartner

Alle Schweden sind blond. Und robust und zuverlässig. Aber auch zeitlos elegant? Es erwies sich jedenfalls als cleverer Schachzug, dem Gentleman und Abenteurer Simon Templar einen polarweißen Partner aus dem hohen Norden an die Seite zu stellen. „The Saint“, der Heilige, lautete in den 60er Jahren der Originaltitel der britischen TV-Krimiserie, in der Templar alias Roger Moore für Gerechtigkeit sorgte. Auf seinen blonden, schwedischen Partner war dabei immer Verlass: den Volvo P1800. Und während sich Moore in 118 Episoden, die in mehr als 70 Ländern über den Bildschirm flimmerten, für seine Paraderolle als 007 warmspielte, reifte der Volvo zum Kult-Car. Selbst Moore war von seinem Reisegebleiter so begeistert, dass er ihn vom Set weg kaufte und trotzdem noch vor der Kamera einsetzte. Er war ja auch zum Verlieben. Selbst Hakan Samuelsson, bis 2022 Volvo-Präsident, hat heute noch einen.

Alles Roger, und den Rest macht der Volvo

Die Eleganz holt sich der Volvo in Italien

Alter Schwede, wie bist du in Top-Form! Pelle Peterson, der beim renommierten Carrozziero Pietro Frua in Italien seinen Sinn für Schönheit schärfte, hatte die Hülle bereits 1957 entworfen. Einer der optischen Höhepunkte waren die sportlich dezenten Heckflossen, gegen die US-amerikanische Straßenkreuzer wie Bulldozer aussahen. Aber mit diesem Körper ließ sich das Beste aus verschiedenen Ländern harmonisch zusammenfügen, was die Emotionen für ein Auto in den oberen Drehzahlbereich treibt: schwedische Zuverlässigkeit, italienische Eleganz und die aufregenden Fahreigenschaften eines britischen Roadsters. Der Erfolg war im Grunde programmiert, der Start allerdings eher holprig.

Vor den Skandinavienkrimis kam die Sportwagenliebe

Der Sportwagen braucht noch Feinschliff

Im Jahr 1961, als der P1800 bei Jensen Motors in West Bromwich vom Montageband lief, war das außergewöhnliche Coupé mit dem Aggregat des Volvo Amazon ausgestattet: ein Vier-Zylinder-Reihenmotor, Vergaser, 1,8 Liter. Seine 90 PS (66 kW) beförderten ihn in die Klasse der Sportwagen. Aber die Verarbeitung, besonders die der ersten 250 Fahrzeuge, war so lausig, dass die Volvos nicht gleich auf die Straße durften, sondern zur Auffrischung erst ins Werk nach Göteborg gebracht werden mussten. Die Sache mit den Nacharbeiten schauten sich die Schweden nicht lange an und holten die gesamte Montage 1963 nach Hause. Der Ruf musste wieder hergestellt werden, weshalb das scharfe Coupé künftig P1800 S hieß – „S“ für produziert in Schweden.

Fordert selbst den Porsche heraus
Ein Lenkrad nach Wikinger-Art
Kommt in allen Farben gut

Selbst der Porsche muss sich strecken

Sechs PS packten die Hausherren gleich auch noch drauf, womit das sportliche Coupé den Sprint von null auf 100 in 12,1 Sekunden schaffte. Da musste sich selbst ein Porsche 356 gewaltig strecken. An diesem Auto stimmte ziemlich viel, weshalb ihm im Lauf der Jahre lediglich einige technische Feinheiten verordnet wurden, die sich äußert positiv auf die Leistung auswirkten. Bereits ab 1968 füllte die schnittige Frontpartie ein völlig neuer Zwei-Liter-Motor mit 105 PS (77 kW), schon ein Jahr später wurde das Aggregat mit einer Einspritzanlage veredelt. Der P1800 E kam auf 124 PS (91 kW).

Die Geburt des Schneewittchen-Sargs

Damit ist die Geschichte im Grunde erzählt, hätten die Schweden mit ihrem neu entdeckten Faible für ungewöhnliches Design nicht noch einmal nachgelegt. Im August 1971 feierte die Kombi-Version des Sportwagens als P 1800 ES ihre Premiere. Die Heckklappe mit der riesigen Glasscheibe hatte man zuvor noch nie gesehen. Die Auto-Ästheten verneigten sich tief und gaben dem Kombi den bis heute gültigen Spitznamen „Schneewittchensarg“. Das Fahrzeug war ja auch irgendwie märchenhaft. Auf seiner Schweizer Internet-Seite fragt der Hersteller heute noch: Ist er der schönste Volvo aller Zeiten? In den USA zumindest war der Schneewittchensarg auch ein Verkaufserfolg. Insgesamt wurden zwischen 1961 und 1973 rund 40.000 P1800 gebaut, dazu kamen in den letzten Jahren noch rund 8000 Kombi-Varianten.

Wenn Automärchen wahr werden: Der Schneewittchensarg

5,2 Millionen Kilometer auf dem Tacho

Wer die guten alten Zeiten wieder in Bewegung setzen möchte, wird durchaus fündig. Die Preise auf dem Classic-Markt für einen P1800 schwanken allerdings gewaltig und liegen je nach Zustand zwischen 10.000 Euro und weit über 60.000 Euro. Wer investieren möchte, muss sich auch von aufgerufenen Laufleistungen jenseits der 250.000 Kilometer nicht unbedingt abschrecken lassen. Der Lehrer Irv Gordon kaufte im Juli 1966 im US-Bundesstaat New York seinen neuen – roten – P1800 S, um täglich die rund 200 Kilometer zur Arbeit bequem zurücklegen zu können. Er verbrachte auch sonst viel Zeit hinterm Steuer. Als er im November 2018 starb, gab es seinen Volvo immer noch. Mit Originalmotor. Er hatte 5,2 Millionen Kilometer auf dem Tacho und seinen ersten Durchhalte-Weltrekord schon Jahre hinter sich. Schweden sind eben robust. Aber doch nicht immer blond.

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https://gtue.blog/tradition-innovation/schneewittchen-und-der-heilige/

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